Paddeln auf der Otava: Ertrunkene nur auf der Speisekarte

Vom 16. bis zum 19. Juli 2017 folgten sechs Schriesheimer Naturfreunde und ein Gast der Gegeneinladung aus Tschechien, deren Naturfreunde im vergangenen Jahr eine Paddeltour auf dem Neckar mitgemacht hatten. Am Bahnhof Sušice wurden wir am Samstagabend von den tschechischen Freunden in Empfang genommen und auf den nahe gelegenen Campingplatz geführt. Es blieb nach Aufbau der Zelte und feuchtfröhlicher Begrüßung noch etwas Zeit für einen Ausflug ins Zentrum der Stadt. Paddeln ist in Tschechien Volkssport, der Campingplatz und der Fluss am nächsten Tag waren gut gefüllt, fröhliche Gesänge zögerten unseren Schlaf hinaus.

Am nächsten Tag, nach einer Besichtigung der flächengrößten Burgruine Tschechiens Rabí, merkten wir, dass die meisten Wassersportler trotz Schulferien nur Wochenendtouristen waren, der Fluss leerte sich rasch.
Blick von der Burg Rabí Auf der Burgruine gab es nicht nur Führungen durch die fünf Burghöfe, sondern auch Stockgefechte, Greifvögel und eine Demonstration von Armbrüsten. Beim Kampf um die Burg verlor der legendäre Feldherr der Hussitenkriege, Ján Žižka, sein zweites Auge, was seine Karriere als Stratege keineswegs beendete. Zum Spätnachmittag trafen wir in Horažďovice auf Christine und Karl, die ihr Wochenende abgekürzt hatten, um uns mit einem Boot zu verstärken. Der städtische Zeltplatz war unmittelbar am Fußballfeld, das hatte die Vorteile von warmen Duschen und ebenen Rasenflächen.

Der Montag führte uns aus den Ausläufern des Böhmerwaldes heraus, die Otava murmelte aber weiter vor sich hin. Es waren einige Wehre zu überwinden, da die Seitenmauern aber betretbar waren, konnten wir häufig die Boote im Wasser lassen und sie unbesetzt an der Leine führen. In Střelské Hoštice machten wir Pause und besichtigten das Flößermuseum. Im Wappen des Ortes findet sich wie bei uns in Schriesheim der „Strahl“, der abgeschossene Pfeil oder Schuss (střel). Ziel der mit 23 km längsten Etappe war Strakonice, ein Ort, der von einer mächtigen, direkt am Fluss stehenden Malteserburg dominiert wird, in der alle zwei Jahre ein Dudelsackfestival die Mauern erbeben lässt.

Am Dienstag machten wir Pause in Štěkeň, mit einem kleinen Gang an idyllischen Gärten und am Mühlgraben entlang. Unterwegs war die kniffligste Stelle zu bewältigen. Dies ging nicht ohne vollgelaufene Boote ab. Den Abend kamen wir am Zufluss der Planice an. Einige von uns gingen ins nahe gelegene Dorf Putim, wo der brave Soldat Schwejk von einem übereifrigen Wachtmeister für einen Spion gehalten und eingesperrt wurde. Andere verbrachten den Abend mit lustigen Liedern im Campingkiosk.

Der letzte Paddeltag führte uns durch die Königsstadt Písek und unter ihrer Brücke lang, der ältesten steinernen im Land. Písek heißt „Sand“. Aus diesem wurde früher Gold gewaschen, und an ihn erinnern die Sandskulpturen am Ufer. Platz schließt sich an Platz an in dem von Renaissance- und Jugendstilhäusern geprägten Stadtbild. Vor und hinter der Stadt durchschneidet der Fluss die Píseker Berge, die allgegenwärtigen Ferienhäuser krallen sich eng an die Hänge. Am Campingplatz werden die Boote wieder eingesammelt und wir bauen unsere Zelte das letzte Mal auf.

Die letzten Tage lassen wir uns gut gehen: Eine Tour mit dem Ausflugsschiff von der Königsburg Zvikov zur Burg Orlík, zwei Tage in Prag mit kundiger Führung durch den Gastgeber Miroslav Prokeš in der Prager Burg und im Naturschutzgebiet Divoká Šárka. Mit uns spaziert auch das Mitglied des Bundesvorstands Tillmann Schwenke durch die stadtnahe Schlucht. Dieser war mit Teilen von uns auf der Umweltsommerakademie, die von verschiedenen NGOs und auch unter anderem der Friedrich-Ebert-Stiftung organisiert war. Nur knapp verpassen wir Ehrenmitglied Lilo und Manfred, die die Eintracht bei einem Volkstanzfestival vertreten, das auf vielen historischen Plätzen der Stadt der goldenen Dächer stattfindet. Erfüllt von den vielfältigen Eindrücken und entspannt durch die Bewegung in der Natur treten wir unsere Rückreise mit dem Fernbus an. Vielen Dank an die tschechischen Gastgeber, vor allem an Mirek für die Organisation und seine kenntnisreichen Hinweise, die uns das so nahe und doch so fremde Land näherbrachten.

PS: Ein Ertrunkener (Utopenec) ist eine in Essig eingelegte, gehäutete Brühwurst, die mit im selben Glas eingelegten Gemüse und Brot serviert wird. Er schmeckt ähnlich wie badischer Wurstsalat. Eine andere Spezialität, deren Name uns neugierig machte, war fritierter Hermelin. Hinter dem Namen verbirgt sich ein Weichkäse.